“Es gibt keinen Plan B für eine gesunde Gesellschaft!”

Interview. Für Andreas Brandstetter, Vorstandsvorsitzender der UNIQA Insurance Group AG, dreht sich auch 2022 alles um das Gemeinwesen, vom Klimaschutz für unseren Planeten bis hin zur körperlichen, geistigen und finanziellen Gesundheit der Gesellschaft.

Sr. Brandstetter, so weit bekannt, wollte UNIQA am 24. Februar 2022 die vorläufige Bilanz eines der erfolgreichsten Jahre der Unternehmensgeschichte präsentieren. Aber in den frühen Morgenstunden dieses Tages erschütterten die ersten Nachrichten über den russischen Angriff auf die Ukraine Europa und die Welt. Was waren deine ersten Gedanken?

Unglaube. Dann die Wut. Eine humanitäre Katastrophe mit unermesslichem Leid für die Menschen in der Ukraine, gefolgt von schwerwiegenden weltwirtschaftlichen Folgen. In unserem Unternehmen hat der Krisenstab in wenigen Stunden erste Maßnahmen definiert, um unsere Kunden und Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen. Ja, es stimmt, das Jahr 2021 war eines der besten in der Geschichte unseres Unternehmens, vielleicht sogar das beste der Geschichte. Wir haben uns auch darüber gefreut, aber nur bis zum 24. Februar. Dann feierte niemand mehr, die Bedrückung war greifbar. Viele fragten sofort, wie sie sich selbst helfen könnten.

Wie hat sich die Situation bisher aus Sicht des Unternehmens entwickelt? Wie konnte UNIQA konkret helfen?

Bis heute sind mehrere hundert unserer Mitarbeiter und ihre Familien aus der Ukraine geflohen. UNIQA Mitarbeiter aus anderen Ländern haben sie grenzüberschreitend nach Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Tschechien empfangen und umfassend betreut. Im selben Land betreuen wir als Nummer zwei im Markt rund 1,3 Millionen Kunden. Trotz schwerer Kriegsschäden an mehreren Büros sind wir weiterhin für unsere Mandanten da. Wir zahlen im Schadenfall, wir unterstützen durch unser Gesundheitszentrum und versuchen unser Bestes, um das alte Prinzip der Versicherung zu leben: eine Gemeinschaft an der Seite der Versicherten zu sein, gerade in besonders schwierigen Situationen.

Was bedeutet der Krieg in der Ukraine für die Niederlassung in Russland?

Wir haben 75 Prozent an unserer russischen Tochtergesellschaft, die fast ausschließlich im Lebensversicherungsbereich tätig ist. Die restlichen 25 Prozent hält die lokale Gesellschaft Raiffeisenbank International. Unmittelbar nach Kriegsbeginn im Februar haben wir alle Zuflüsse und Kapitalinvestitionen nach Russland gestoppt. Wir prüfen derzeit alle Optionen für die Zukunft, einschließlich eines vollständigen Ausstiegs aus dem russischen Markt.

Der Krieg folgt auf die Pandemie, die als globale Krise noch nicht vorbei ist. Was hat Covid-19 in den letzten Jahren für Versicherungsunternehmen bedeutet?

Mehr Kundennähe, ein starker kultureller Ansatz im Unternehmen selbst, ein Schub für die Digitalisierung und neue Produkte für die psychische und physische Gesundheit.

ZUM MENSCH

Andreas Brandstetter ist seit 2002 Mitglied des Verwaltungsrats der UNIQA Insurance Group AG und seit 2011 deren CEO. Bevor er seit 1997 in der Versicherungsbranche tätig war, leitete er seitdem das EU-Büro des Österreichischen Raiffeisenverbandes in Wien und Brüssel 1995. Zuvor war er in politiknahen Bereichen tätig. Brandstetter studierte in Österreich und den USA und promovierte 1994 in Politikwissenschaft an der Universität Wien. Er besitzt einen Executive MBA der California State University, Hayward / IMADEC. Seit 2018 ist er Präsident von Insurance Europe, der Interessengemeinschaft europäischer Versicherungsverbände in Brüssel. Andreas Brandstetter, Jahrgang 1969, lebt in Wien und ist Vater von drei erwachsenen Kindern.

Stichwort Gesundheit. Sehen Sie als größter privater Krankenversicherer des Landes in den letzten Jahren eine Veränderung im eigenen Wohlfühlbewusstsein?

Ja. Die Pandemie hat den Fokus geschärft. Wir sehen eine erhöhte Nachfrage nach Krankenversicherungen, Vorsorgeuntersuchungen und einer verstärkten Nutzung unserer Post-Covid-Programme. Für viele Betroffene hat eine Covid-Erkrankung auch Monate später noch Folgen: Hier bieten wir unseren Kunden kostenlos umfassende Hilfe und Beratung. Die Pandemie hat uns aber auch gezeigt, dass wir als Gesellschaft generell widerstandsfähiger werden müssen. Es geht um die körperliche, geistige und wirtschaftliche Gesundheit jedes Einzelnen. Deshalb erweitern wir unser Angebot, insbesondere im Bereich der psychischen Gesundheit, speziell für unsere Firmenkunden und deren Mitarbeiter. Wenn es den Menschen als Mitglieder der Gesellschaft gut geht, können sie sich sowohl als Einzelpersonen als auch als Unternehmen besser um diejenigen kümmern, denen es möglicherweise nicht so gut geht. Und vor allem können wir unseren Planeten besser schonen. Aber es gibt sowieso keinen Plan B.

Also, was denkst du, ist Plan A?

Russlands schrecklicher Angriffskrieg im Osten, die Energiekrise, Inflation, Covid-19 und vieles mehr rücken den Kampf gegen den Klimawandel in den Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung. Das ist gefährlich, weil wir auf einer brennenden Plattform leben. Steigende Temperaturen weltweit und die daraus resultierenden Extremwetterereignisse sind schon jetzt viel mehr als ein Schuss in den Bug. Wir müssen Klimaschutzmaßnahmen schnell und entschlossen verstärken, deshalb sind wir, UNIQA, der Net-Zero Asset Owner Alliance beigetreten, dem Zusammenschluss von Versicherungen, Vermögensverwaltern und Fonds der weltweit größten Pensionskassen. Bis 2040 wollen wir in Österreich klimaneutral sein. Unsere zusätzliche Mitgliedschaft als Gründungsmitglied der Green Finance Alliance des österreichischen Klimaschutzministeriums ist ein weiterer wichtiger Schritt in eine nachhaltige Zukunft. Mit einem verwalteten Vermögen von rund 11 Billionen Euro sind europäische Versicherungsunternehmen der größte institutionelle Investor in Europa, was ein enormer Hebel ist. Wenn wir mehr und mehr dieses Geldes in wirklich grüne Vermögenswerte lenken können, können wir den Green Deal der Europäischen Kommission erheblich beschleunigen. Übrigens fragen unsere Kunden viel danach: Es gibt fast keine Frage nach dem finanziellen Nutzen, wo nicht gefragt wird, ob die Gelder der Kunden wirklich sicher und nachhaltig angelegt sind. Das ist ein tolles Zeichen einer zunehmend verantwortungsvollen Gesellschaft und freut uns sehr. Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen, neue Formen der Mobilität und vorausschauendes Handeln führen zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen von uns allen und künftigen Generationen.

Wie sieht es mit der finanziellen Gesundheit der Gesellschaft aus?

Inflation und eine Welle bisher unbekannter Preissteigerungen lasten schwer. Gerade jetzt, wo der Sommer vor der Tür steht, wollen wir alle das Leben nach den zermürbenden Monaten der Pandemie mit Familie und Freunden genießen. Und das sollten wir auch tun. Gleichzeitig ist Inflation keine bloße Schlagzeile, sondern harte Realität und für immer mehr Menschen existenzbedrohend. Die Kosten für Energie, Wohnen, Mobilität und Lebensmittel steigen rasant. Lieferketten sind gestört oder zumindest eingeschränkt. So sehr wir uns damals einen solchen Sommer wünschen, müssen wir sorgfältig planen. Wir raten unseren Kunden, ihr Zuhause neu zu bewerten. Während der Pandemie haben viele in ihre Häuser investiert, was nicht nur den Wert von Immobilien, sondern auch von Annehmlichkeiten erhöht hat. Dies kann schnell zu einer gravierenden Unterversicherung führen.

Wo sehen Sie insgesamt die großen Herausforderungen für die kommenden Monate und Jahre?

Erstens: Russlands Angriffskrieg als Auslöser einer humanitären Katastrophe für die Menschen in der Ukraine und als Bremse der ohnehin schwierigen globalen Energiewende in Zeiten des Klimawandels. Zweitens: die grassierende Inflation im Leben der Österreicher und die daraus resultierenden Herausforderungen in der Sozialpolitik sowie auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt. Drittens: die noch zu erfüllenden Aufgaben, also die Schaffung von Anreizen für die private Altersvorsorge, für ein menschenwürdiges Leben auch im Alter. Und es bedarf einer grundlegenden Reform des österreichischen Schulwesens, um künftigen Generationen den Aufbau einer weltoffenen, lernoffenen, toleranten, sozialen und kapitulationsbereiten Gesellschaft zu ermöglichen.

UNIQA-GRUPPE

Die UNIQA Gruppe ist eines der führenden Versicherungsunternehmen in ihren Hauptmärkten in Österreich und Zentral- und Osteuropa (EWG). Rund 22.400 Mitarbeiter und exklusive Vertriebspartner betreuen fast 16 Millionen Kunden in 18 Ländern. Mit einem Marktanteil von rund 21 Prozent ist UNIQA die zweitgrößte Versicherungsgruppe Österreichs. UNIQA beheimatet 15 Märkte in der Wachstumsregion EEC: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kosovo, Kroatien, Montenegro, Nordmazedonien, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Tschechien, Ukraine und Ungarn. Darüber hinaus gehören auch die Versicherungsunternehmen der Schweiz und Liechtensteins zur UNIQA Group www.uniqagroup.com www.uniqa.at

INFORMATION

Die „Perspektiven“-Seiten basieren auf einer Medienkooperation mit „Presse“ und wurden mit finanzieller Unterstützung der UNIQA Versicherungsgruppe erstellt.

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