Perspektiven der Weltwirtschaft: Deutschland als größter Verlierer der Krise

Die einzige gute Nachricht vorab: Die überraschend starke Reiselust nach Italien und Italien lässt die Wirtschaft des Mittelmeerstaates in diesem Jahr schneller wachsen als noch im Frühjahr erwartet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöht seine Prognose für 2022 von 2,3 % auf drei %. Ökonomen begründen dies neben dem boomenden Tourismus mit stärkeren industriellen Aktivitäten in Italien.

Eine weitere Einzelzahl im revidierten World Economic Outlook des IWF wird in der westlichen Welt alles andere als positiv ausfallen: Trotz Sanktionen entwickelt sich auch die russische Wirtschaft im April besser als erwartet.

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Statt weniger als 8,5 Prozent gehen Ökonomen nun von weniger als sechs Prozent bis 2022 aus. „Das Geschäft mit Öl und anderen Exportgütern hat sich als stabiler erwiesen als erwartet“, heißt es in dem aktuellen Bericht. Die russische Verbrauchernachfrage ist auch dank eines stabilen Bankensektors und Arbeitsmarkts recht gut.

Quelle: Infografik WELT

Betrachtet man diese Zahlen, so ist die Entwicklung im Rest der Welt deutlich negativer, vor allem in den großen Volkswirtschaften des Westens. Für sie zeichnen IWF-Experten ein düsteres Bild für die kommenden Monate. „Leider haben sich viele der Befürchtungen, die wir erst im April beschrieben haben, inzwischen bewahrheitet“, sagt Chefanalyst Pierre-Olivier Gourinchas.

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Die Inflation in den USA und Europa ist höher und neue Blockaden in China lassen die Wirtschaft des Riesenimperiums weiter schwächeln. Darüber hinaus bremsen hohe Energiepreise, sinkendes Verbrauchervertrauen und anhaltende Probleme bei der Versorgung mit Rohstoffen und Einzelteilen das Wachstum, insbesondere in den großen europäischen Volkswirtschaften.

Fazit: Aus Sicht des IWF steht die Welt nur zwei Jahre nach der letzten wieder am Rande einer Rezession. Infolgedessen hat die multinationale Organisation in Washington, zu deren Hauptaufgabe die Stabilisierung des globalen Währungssystems gehört, die Wachstumsprognosen nicht nur für 2022, sondern auch für 2023 sukzessive nach unten korrigiert.

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Größter Verlierer unter den großen Volkswirtschaften ist Deutschland. Bereits in der vergangenen Woche wurde bekannt, dass die IWF-Ökonomen Deutschland im nächsten Jahr nur noch um 0,8 Prozent wachsen lassen statt der 2,7 Prozent, die sie der deutschen Wirtschaft noch zutrauten – so die April-Perspektive.

Inzwischen ist klar, dass keine andere große Wirtschaftsnation stärker von den jüngsten Entwicklungen in der Krise betroffen ist als Deutschland. Die Volkswirte des IWF haben ihre Schätzungen für das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,9 Prozentpunkte nach oben revidiert.

Die zweitgrößte Revision der Wachstumsprognose nahmen sie in den USA vor: Statt um 2,3 Prozent soll das Wachstum im nächsten Jahr nur noch um ein Prozent steigen.

Quelle: Infografik WELT

Und das nur, wenn keine Risiken mehr für die Wirtschaft bestehen. Dazu gehören laut IWF: ein plötzlicher kompletter Stopp der Gaslieferungen von Russland nach Europa, eine anhaltend hohe Inflation, getrieben vor allem durch den allgemeinen Arbeitskräftemangel in vielen Industrieländern, und die Zinspolitik der Notenbanken, die vor allem in Schwellenländern zu zunehmenden Schuldenproblemen führt .

Weitere Risiken sehen Ökonomen in neuen Corona-Ausbrüchen in China, steigenden Lebensmittelpreisen, die zu sozialen Unruhen führen könnten, und einem neuen Nationalismus, der den freien Handel zwischen Ländern und Kontinenten einschränkt.

„Wenn einige dieser Risiken eintreten, wie zum Beispiel das Versiegen des Gasflusses nach Europa, dann wird die Inflation steigen und das Wachstum wird sich weiter verlangsamen“, sagte Gourinchas. In diesem Szenario würde das Wachstum in den Vereinigten Staaten und der Eurozone gegen Null gehen, was negative Auswirkungen auf den Rest der Welt hätte. Der IWF geht weiterhin davon aus, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr um 3,2 % und im nächsten Jahr um 2,9 % wachsen wird.

Zentrale Aufgabe: Bekämpfung der Inflation

Die zentrale Aufgabe der Politik sieht der IWF in der Inflationsbekämpfung. Zuletzt haben die Notenbanken in den großen Industrienationen im Frühjahr die Zinsen schneller als erwartet angehoben und damit der Konjunktur Unterstützung durch günstige Kredite entzogen.

„Eine straffere Geldpolitik kostet Wirtschaftswachstum, aber jede Verzögerung würde die Schwierigkeiten nur noch verstärken“, sagt Gourinchas. Sie fordert die Zentralbanken dringend auf, die Zinssätze unverändert zu lassen, bis sie die Inflation wieder unter Kontrolle bekommen.

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Die Sorgen des IWF gelten in diesem Zusammenhang vor allem Schwellenländern, die bereits hoch verschuldet sind und nicht den finanziellen Spielraum haben, den die USA oder Deutschland haben. Die Ausfallwahrscheinlichkeit ist in vielen dieser Länder in den letzten zehn Jahren bereits von 20 % auf 60 % gestiegen.

Höhere Zinszahlungen, eingeschränkter Zugang zu Krediten, ein starker Dollar und ein nachlassendes Wirtschaftswachstum erhöhten das Ausfallrisiko weiter. Geht es nach dem Willen des IWF, ist in dieser Phase eine enge globale Abstimmung entscheidend, etwa bei der Energieversorgung, der Ernährungssicherung und der Vermeidung einer Schuldenkrise.

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