Konflikt um die Redezeit im Kantonsrat
Der Skandal um Mario Fehr hat Folgen
Ein Redezeitstreit zwischen Regierungsrat Mario Fehr und Regierungspräsidentin Esther Guyer hat im Zürcher Kantonsrat für Aufregung gesorgt. Die Leitung des Kantonsrates wird sich am Donnerstag mit dem Fall befassen.
Gepostet: 23:28 Uhr
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Aktualisiert: 11:59 Uhr
Wie lange darf ein Zürcher Regierungsrat in einer Kurzdebatte sprechen? Diese Frage löste am Montag im Zürcher Kantonsrat einen Skandal zwischen dem überparteilichen Sicherheitsdirektor Mario Fehr (63) und der grünen Regierungspräsidentin Esther Guyer (71) aus.
Guyer meinte, dass in der kurzen Debatte über die Dringlichkeitserklärung einer Initiative zur Betreuung von Asylsuchenden sowohl der Regierungsrat als auch die Mitglieder des Kantonsrates eine begrenzte Redezeit von zwei Minuten hätten.
Fehr seinerseits sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, er habe nicht über die Dringlichkeit der Initiative gesprochen, sondern sich allgemein zur Situation unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender im Kanton Zürich geäußert. Dies ist ein wichtiges Thema.
Gab es ein Versöhnungsbier?
Da die beiden Hauptprotagonisten sichtlich sauer aufeinander waren, stellt sich die Frage: Gab es zwischenzeitlich ein Versöhnungsbier? Gab es überhaupt eine Entschuldigung?
Fehr will sich gegenüber Blick nicht weiter äussern und verweist auf seine gestrige Position.
“Ich werde alles mit ihm besprechen, ich bin sicher, wir können uns einigen”, sagt Guyer, wenn er gefragt wird. “Ich erwarte keine Entschuldigung von ihm, aber er muss sich in Zukunft an die Regeln halten.”
Zudem werde sich die Leitung des Kantonsrates laut Guyer am Donnerstag mit dem Fall befassen. Im Absatz zur kurzen Erörterung des Reglements des Kantonsrates wird nur die Redezeit der Mitglieder des Kantonsrates explizit erwähnt.
„Es ist absolut ungewöhnlich, dass ein Regierungsberater in einer kurzen Debatte das Wort ergreift“, erklärt Guyer. Wenn also ein Regierungsrat entgegen der Sitte spricht, muss er sich an die gleichen Richtlinien halten wie die Kantonsräte. „Das müssen wir jetzt bestenfalls ausdrücklich im Reglement festhalten, womit wir uns im Vorstand befassen werden.“
Ein „außergewöhnliches Ereignis“?
Fehr hingegen lässt sich seine Position durch eine ganz andere Passage bestätigen: „Der Regierungsrat kann eine Stellungnahme zu außergewöhnlichen Ereignissen abgeben“, heißt es in Paragraph 66 der Verordnung.
Ob die Debatte über die Dringlichkeitserklärung einer Initiative (und nicht über die Initiative selbst) oder die Frage der Jugendasylbewerber im Jugendasylzentrum Lilienberg als „außergewöhnliches Ereignis“ zu werten ist, bleibt Ansichtssache. Wie so oft im Recht gibt es hier viel Interpretationsspielraum.
Aber eines ist klar: Der Time-of-Speech-Skandal bleibt ein Thema in Zürich. Und bald wird Fehr wieder ausführlich über dasselbe Postulat sprechen können, wie der Kantonsrat eindringlich erklärt hat.
Die ganze Pressekonferenz: Mario Fehr tritt aus der SP aus (01:55)