BWB sieht keinen Marktmissbrauch bei den Kraftstoffpreisen

„Nach den der BWB vorliegenden Daten lassen sich diese Rohertragssteigerungen kaum vollständig durch steigende Kosten erklären“, sagte die aktuelle BWB-Interimschefin Natalie Harsdorf-Borsch dem Ö1-Mittagsjournal am Donnerstag des ORF. „Die Behörde kann Kartelle und den Missbrauch von Marktmacht nicht vollständig ausschließen. Wir haben aus den Daten, die wir für die Ermittlungen erhoben haben, keine gerichtlichen Beweise gewonnen“, sagte Harsdorf-Borsch.

„Wie stark auch die Gewinne gestiegen sind, hängt von der Entwicklung der Kosten ab, die ebenfalls gestiegen zu sein scheinen, aber nicht im gleichen Maße“, heißt es in dem BWB-Bericht. “Es liegt an den großen Ölkonzernen zu zeigen, dass sich der bei den Bruttoraffineriemargen beobachtete Trend nicht in Geschäftsgewinnen niederschlägt.”

Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sieht weiteren Klärungsbedarf. „Das Bundesministerium wartet nun auf Klarstellungen von Branchenbeteiligten zu möglichen Kostenfaktoren. Aus Sicht des Bundesministeriums sind die Steigerungen der Bruttomarge erklärungsbedürftig“, sagte Kocher in einer Stellungnahme Marge” sollte nicht mit Gewinn verwechselt werden.

Die BWB hat den heimischen Kraftstoffmarkt im Zeitraum Januar bis Mitte Juni untersucht. Seit Beginn des Ukrainekrieges am 24. Februar sind die Benzin- und Dieselpreise stark gestiegen. Nach Angaben der Wettbewerbsbehörde ist der Anstieg der Kraftstoffpreise zu 50 % auf den Anstieg der Rohölpreise und zu 50 % auf die Erhöhung der Bruttoraffineriemargen zurückzuführen.

BWB-Berechnungen zeigen, dass sich in den ersten Junihälften gegenüber der Zeit vor Beginn des Ukrainekrieges die um rund 36 Cent pro Liter Diesel und 41 Cent pro Benzin gestiegenen Spritpreise “entkoppelt” haben. vom Rohölpreis, denn der Rohölpreis ist nur um etwas mehr als 22 Cent pro Liter gestiegen. Der „unerklärlich stärkere Preisanstieg (Entkoppelung)“ an Diesel- und Tankstellen aufgrund des Rohölpreisanstiegs hat laut Kartellamt in diesem Zeitraum zu einer Verdreifachung der Rohertragsspanne der Raffination geführt.

Erdölraffinerien verarbeiten Rohöl zu Benzin, Diesel und Kerosin. Laut BWB stiegen die Bruttoraffineriemargen der OMV-, ENI-, Shell-, BP- und JET-Raffinerien im Berichtszeitraum um durchschnittlich rund 14 Cent pro Liter Diesel und rund 20 Cent pro Liter Benzin. Die Rohraffineriemarge ist die Grundlage für den Gewinn der Raffinerie, aber „andere moderat erhöhte Kosten müssen abgezogen werden“, so die Bundeswettbewerbsbehörde. Die errechneten Deckungsbeiträge sind laut BWB branchenübliche Kennziffern, um die Veränderung der Rentabilität in Raffinerien darzustellen.

Angesichts stark gestiegener Benzin- und Dieselpreise sowie aufgrund von Mitteilungen und Beschwerden über die Mineralölindustrie hat die BWB am 21. März eine Untersuchung der Branche eingeleitet. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie SPÖ und FPÖ hatten zuvor die Preispolitik der Mineralölkonzerne kritisiert. Im März wies Kogler in einer Sachverhaltsdarstellung gegenüber der Wettbewerbsbehörde auf ein mögliches Marktversagen hin.

Kartellwächter haben Auskunftsersuchen an OMV, ENI, Shell, BP und JET zur Untersuchung des Sektors gerichtet, weil sie in Österreich Tankstellen betreiben und an Raffinerien beteiligt sind. Darüber hinaus führte die BWB Gespräche mit drei großen Kraftstoffhändlern und großen Tankstellenbetreibern, die nicht an der Raffination beteiligt sind. Auch die Bundeskartellanwaltschaft und die E-Control waren an den Ermittlungen in der Branche beteiligt.

Als Reaktion auf die BWB-Sektoruntersuchung hat die Arbeiterkammer (AK) am Donnerstag die Einleitung eines Preisprüfungsverfahrens nach dem Preisgesetz gefordert. „Mineralölkonzerne bekommen massive Übergewinne“, kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung. „Die Bundesregierung muss überschüssige Gewinne eliminieren und an die Verbraucher zurückgeben“, sagte Anderl. Auch der ÖAMTC kritisierte, dass „insbesondere Raffinerien“ mit hohen Spritpreisen Geld verdienen würden. „Die europäischen Wettbewerbsbehörden brauchen eine gründliche Untersuchung dieser Endproduktmärkte“, sagte der ÖAMTC. „Denn es ist nicht hinnehmbar, dass Märkte, die nur einen Teil des europäischen Verbrauchs vermarkten, die Preise für ganz Europa derart in die Höhe treiben können.“

Bei den Tankstellen konnten die Wettbewerbshüter erst für März „Anzeichen für eine deutliche Steigerung der Deckungsbeiträge“ feststellen. In den Folgemonaten lagen die Bruttomargen nur noch „leicht über dem Vorkriegsniveau“. „Untersuchungen auf Tankstellenebene deuten darauf hin, dass der fehlende Wettbewerb unter den Tankstellen nicht die Ursache für steigende Tankstellenpreise ist, sondern insbesondere der Anstieg der internationalen Preise“, so die BWB in ihrer Branchenrecherche.

Auch die Bundeswettbewerbsbehörde hat ein Praxisbeispiel errechnet: Umgerechnet auf einen 50-Liter-Tankfüller hätten die Verbraucher in den ersten Junihälften allein im Vergleich zur Vorsaison zu Kriegsbeginn durchschnittlich 11 Euro netto mehr bezahlt wegen der steigenden Preise für Rohöl, sowohl Diesel als auch Benzin. Hinzu kommt, dass Verbraucher aufgrund der gestiegenen Bruttomarge netto 9,50 Euro mehr für eine Dieseltankfüllung und 10,50 Euro mehr für eine Benzintankfüllung zahlen. Dann müssen Sie die Mehrwertsteuer hinzufügen.

Von der Branchenforschung betroffene Marktteilnehmer können bis zum 27. Juli gegenüber der BWB eine Stellungnahme zu den vorläufigen Ergebnissen der Untersuchung abgeben. Findet eine Branchenuntersuchung keine „gerichtlichen Beweise“ für eine Kartellbildung oder einen Missbrauch von Marktmacht, so können die günstigen Konditionen oder das Wettbewerbsverhalten im Wettbewerb nicht angeordnet oder sofort beim Kartellgericht geltend gemacht werden, so die Behörde. Die Wohnungssuche steht in einer Branchenrecherche nicht zur Verfügung.

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