„Das ist ein kleiner Talisman gegen böses Karma“, zeigte sich der Viennale-Chef beeindruckt von dem stilisierten Raubtier. Schließlich steht die hochschwangere Organisatorin des Festivals, die zum Auftakt der Jubiläumsausgabe wieder mit an Bord sein will, vor einer wichtigen Aufgabe.
„Ich versuche, das Erbe fortzuführen“, stellte Sangiorgi klar und kündigte einen seiner Vorgänger als eine der zentralen Figuren der Jubiläumsausgabe an: Star-Regisseur Werner Herzog, der 1991 einst Co-Direktor der Viennale mit Reinhard Pyrker war. Neben den Werken des deutschen Filmemachers wird es am 28. Oktober auch einen Abend in Zusammenarbeit mit dem Volkstheater geben, an dem am 5. September mit Lesungen und Musik der 80. Geburtstag von Herzog begangen wird.
Sechs Trailer zum Jubiläum
Das im Vergleich zu den letzten beiden Pandemie-Ausgaben etwas längere Jubiläum wird auch mit einer eigenen Publikation mit dem Titel „Viennale 60. Über Festivals“ gefeiert. Darin reflektieren Experten die Vergangenheit und Zukunft des Filmfestivals im Besonderen und im Allgemeinen. Und in der Viennale-Reihe „Texture“ werden in zwei Bänden der kasachische Regisseur Darezhan Omirbayev und der Filmemacher Alain Guiraudie gefeiert.
In Zeiten wichtiger Jubiläen gibt es nicht einen Anhänger des Festivals, sondern gleich sechs. Claire Denis, Nina Menkes, Sergei Loznitsa, Ryusuke Hamaguchi, Narcisa Hirsch und ein Überraschungsgast haben jeweils eine Mikroarbeit zu Ehren der Viennale beigesteuert, die Festivalgäste vor den Vorführungen begrüßen wird.
APA/Tobias Steinmaurer Regisseurin Eva Sangiorgi: „Ich versuche, das Erbe fortzuführen“
Porträt von Elfriede Jelinek
Traditionell wurden im Rahmen der Sommerpräsentation am Mittwoch auch die ersten Arbeiten angekündigt, die die Filmgemeinde in die Kathedralen der diesjährigen Wiener Festwochen locken sollen. Dazu gehört zum Beispiel Michael Kochs Drama „Drii Winter“, das auf der Berlinale Premiere feierte. „Tori et Lokita“ der belgischen Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne über das Schicksal zweier Migranten ist nach Cannes nun auch in Wien zu sehen, ebenso wie David Cronenbergs Rückkehr des Terrors „Crimes of the Future“ mit Viggo Mortensen, Léa Seydoux und Kristen Steward.
Und auch das heimische Kino kann feiern, allen voran Claudia Müller mit ihrem Porträt der Literaturnobelpreisträgerin „Elfriede Jelinek. Die Sprache loslassen“ oder das Dokumentarprojekt „Mutzenbacher“ von Ruth Beckermann, Preisträgerin der Berlinale.
Sektion des argentinischen schwarzen Kinos
Dem mauretanischen Filmemacher Med Hondo, der bis zu seinem Tod 2019 die Stimme der postkolonialen afrikanischen Filmkultur war, ist eine neunteilige Monografie gewidmet. Und der Ehren-Oscar-Preisträgerin Elaine May, 90, die neben einer langen Komödie hinter vier Regiejobs blicken kann Karriere wird sie auch mit einer Monografie geehrt.
Die Sektion des diesjährigen Festivals „Historiography“ widmet sich dem spezialisierten Genre des argentinischen Schwarzen Kinos. Mit Werken von Regisseuren wie Hugo Fregonese, Román Viñoly Barreto und Pierre Chenal werden peronistische Polizeifilme der frühen 1950er Jahre wieder lebendig.
Blick auf Österreich: „Elend fotografieren“
Die Sektion „Cinematography“ schließlich bietet dem österreichischen Dokumentarfilm ein Forum für seine vermutlich größte Stärke: das Fotografieren von Elend. Zwölf Arbeiten aus den letzten 50 Jahren beleuchten in „Real Österreich“ die unterschiedlichen Aspekte der Krise. Das Unternehmen kooperiert mit dem Filmarchiv Austria, das seine Retrospektive anlässlich der Anthologie „Real Österreich. Dokumentarfilm 1981-2021“.
Detaillierte Informationen zum Programm werden auf der offiziellen Pressekonferenz am 11. Oktober bekannt gegeben. Der Vorverkauf beginnt vier Tage später, am 15. Oktober.