Die EZB reagiert auf den Verkauf von Anleihen

Europäische Währungshüter bereiten sich auf die jüngsten Finanzmarktturbulenzen vor. Die Zentralbank beschleunigt die Arbeit an einem neuen Anti-Krisen-Instrument, teilte die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt nach einer kurz zuvor einberufenen Sondersitzung des EZB-Rates mit. In den vergangenen Tagen waren die Zinsen an den Kapitalmärkten stark gestiegen, während sich die Stimmung an den Aktienmärkten deutlich eingetrübt hatte.

Damit die gerade beschlossene Verschärfung der ultralockeren Geldpolitik die hoch verschuldeten Euro-Staaten nicht übermäßig belastet, will die EZB auch Gelder aus überfälligen Anleihen des Corona-Notkaufprogramms PEPP flexibel reinvestieren.

Das könnte zum Beispiel Ländern wie Italien helfen, die Investoren nun deutlich höhere Zinsen auf Staatsanleihen bieten müssen. Nach derzeitiger Planung beabsichtigt die EZB, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des PEPP-Programms erworbenen Wertpapiere mindestens bis Ende 2024, wenn sie auslaufen, zu reinvestieren.

„Die Pandemie hat dauerhafte Schwachstellen in der Wirtschaft der Eurozone hinterlassen, die tatsächlich zu einer ungleichmäßigen Übertragung der Normalisierung unserer Geldpolitik auf die einzelnen Länder beitragen“, sagte die Zentralbank am Mittwoch. Das „Funktionieren des geldpolitischen Transmissionsmechanismus“ sei „Voraussetzung“ dafür, dass die EZB ihr Hauptziel Preisstabilität bei einer mittelfristigen Inflation von zwei Prozent erreichen könne.

Die Märkte reagieren auf die neue Geldpolitik

In den vergangenen Tagen waren die Zinsen an den Kapitalmärkten stark gestiegen, während sich die Stimmung an den Aktienmärkten deutlich eingetrübt hatte. Als Hauptgrund nannten Analysten die Straffung der Geldpolitik der US-Notenbank Fed, aber auch die Aussicht auf Zinserhöhungen durch die EZB.

Bei seiner letzten ordentlichen Sitzung am 9. Juni beschloss der EZB-Rat nach langem Zögern, angesichts einer Rekordinflation von der millionenschweren Inflation aus der seit Jahren ultralockeren Geldpolitik auszusteigen eines. Die Anleihekäufe enden am 1. Juli. Bei ihrer nächsten ordentlichen EZB-Ratssitzung am 21. Juli will die Notenbank erstmals seit elf Jahren die Leitzinsen zunächst um jeweils 0,25 Prozentpunkte anheben.

Besonders stark waren in den vergangenen Tagen die Kapitalmarktzinsen in den südeuropäischen Ländern gestiegen. In Italien stiegen die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen erneut um mehr als vier Prozent. Ende März war es erst halb vorbei.

Der Renditeabstand – der Spread – zwischen Staatsanleihen in Deutschland und denen der am höchsten verschuldeten Euro-Staaten, insbesondere Italiens, hat sich zuletzt ausgeweitet. Heißt: Für Länder wie Italien wird es teurer, an neues Geld zu kommen. Das könnte für diese Staaten angesichts der ohnehin schon riesigen Schuldenberge zum Problem werden.

Die Initiative der EZB wirkt beruhigend

Einer der Gründe für die jüngsten Nachrichten ist die Ankündigung der EZB, den Kauf neuer Staatsanleihen Anfang Juli einzustellen. Die EZB will Gelder aus überfälligen Wertpapieren über einen längeren Zeitraum reinvestieren. Doch mit dem Ende des Einkaufs hilft die Notenbank den Staaten in deutlich geringerem Umfang als in den Vorjahren beim Ankauf von Anleihen.

Die Ankündigung des „Ad-hoc-Treffens“ hat dem Euro bereits Flügel verliehen und die Aktienmärkte etwas beruhigt. Zuvor hatte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel in einer Rede deutlich gemacht, dass die Notenbank eine ungeordnete Erhöhung der Finanzierungskosten der am stärksten verschuldeten Länder der Eurozone nicht hinnehmen werde: „Das werden wir keine Änderung der Finanzierungsbedingungen tolerieren, die über die fundamentalen Faktoren hinausgehen und die Geldpolitik transfergefährden“.

Schnabel betonte in seiner Rede, dass das Bekenntnis zum Euro das Instrument der Notenbank gegen die Zersplitterung im Währungsraum der 19 Länder sei: „Dieses Bekenntnis kennt keine Grenzen.“

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