Stand: 08.07.2022 14:20 Uhr
Der Bundesrat hat grünes Licht gegeben, um das umstrittene Werbeverbot für Abtreibungen aufzuheben. Außerdem wird der BAföG-Höchstsatz angehoben.
Der Bundesrat hat einige Gesetze verabschiedet. Wichtige Entscheidungen auf einen Blick:
Bereits Ende Juni hatte der Bundestag die Streichung des § 219a StGB beschlossen. Auch der Bundesrat hat der Streichung nun zugestimmt. Ärztinnen und Ärzte können künftig ausführlich über die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs informieren, ohne eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Die vorstehenden Sätze werden aufgehoben.
Zuvor hatte § 219a bestimmt, dass Abtreibungen nicht angekündigt werden dürfen. Infolgedessen könnten Ärzte keine Informationen über Abtreibungen im Internet bereitstellen, ohne eine strafrechtliche Verfolgung zu riskieren.
Um irreführende und unangemessene Werbung für Schwangerschaftsabbrüche künftig nicht mehr zu verbieten, wurde auch das sogenannte Heilmittelwerbegesetz novelliert. Irreführende Werbung für Medizinprodukte hat das Gesetz bisher in anderen Bereichen geregelt. Abtreibungen ohne Zusammenhang mit der Krankheit werden nun ebenfalls erfasst.
Der BAföG-Höchstsatz wird erhöht
Schüler, Auszubildende und Studierende können ab dem nächsten Wintersemester mehr BAföG erhalten. Der Bundesrat hat das entsprechende Gesetz verabschiedet. Der maximale Fördersatz geht von derzeit 861 Euro auf 931 Euro, vor allem durch die Erhöhung der Wohnbeihilfe.
Außerdem soll die staatliche Ausbildungsförderung durch eine Erhöhung der Prämien um 20,75 Prozent mehr jungen Menschen zur Verfügung stehen. Die Reform hebt auch die Altersgrenze auf 45 Jahre an, um die Ausbildung zu fördern. Zuletzt hatten 89 Prozent der Studierenden in Deutschland keinen Anspruch auf staatliche Ausbildungsförderung.
Gesetzesänderungen aufgrund der Gaskrise
Der Bundesrat hat auch wichtige gesetzliche Änderungen in der Gaskrise genehmigt, konkret im sogenannten Energiesicherheitsgesetz, Ensig, um es zu verkürzen. Einerseits sollen mehr Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung statt Gas eingesetzt werden. Auf der anderen Seite sollen Energiekonzerne mit Problemen wie Uniper Bundeshilfen erhalten. Das Gesetz ermöglicht es der Bundesregierung auch, schnell auf eine erneute Verknappung der Gasversorgung und sogar auf höhere Preise zu reagieren.
Auch Energiepreiserhöhungen schlagen sich im Gesetz nieder: Es sieht nun als Option ein Steuersystem vor, damit Gaspreiserhöhungen für Energieversorger gleichmäßiger an die Kunden weitergegeben werden können, als Ersatz für die bisher möglichen Regelungen. Bis bald. Auch der Bund kann Energiesparmaßnahmen vorschreiben.
Der Bundesrat hat zudem ein umfassendes Gesetzespaket zum schnelleren Ausbau von grünem Wind- und Solarstrom verabschiedet. Die Vertreter der Länder dankten ihm und forderten gleichzeitig Verbesserungen an der einen oder anderen Stelle. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Stromverbrauch muss bis 2030 auf mindestens 80 % gesteigert werden; derzeit sind es knapp 50 %. Um das Ziel zu erreichen, müssten zwei Prozent der gesamten Bundesfläche für Windkraftanlagen ausgewiesen werden, das ist mehr als das Doppelte. Die Bundesländer müssen gesetzlich verpflichtet werden, mehr Flächen bereitzustellen. Der Bundestag hatte ihm zuvor zugestimmt.
Auch der Bundestag gab grünes Licht für eine Zinssenkung. In der Praxis bedeutet dies, dass Steuernachzahlungen weniger verzinst werden als zuvor. Konkret sollen rückwirkend zum 1. Januar 2019 nur noch 1,8 Prozent statt 6,0 Prozent jährlich gezahlt werden. Allerdings senkt es auch den Zinssatz, von dem der Steuerzahler im Falle einer Erstattung durch das Finanzamt profitiert.
Es gibt Zinssätze für die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Grundsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Sie erlöschen, wenn eine Steuernachzahlung oder -rückerstattung mehr als 15 Monate verzögert wird. Im ersten Fall kommt das Finanzamt im zweiten dem Steuerzahler zugute. Die Bundesregierung rechnet damit, dass der Staat durch die Änderung in diesem Jahr 2,46 Milliarden Euro weniger einnimmt.
Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat dem NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens zu. Am Freitag hatte die Länderkammer beschlossen, den Vermittlungsausschuss zu dem Gesetz, das der Bundestag kurz zuvor verabschiedet hatte, nicht einzuberufen.
Das Gesetz ist die Voraussetzung für die Akzeptanz der entsprechenden Protokolle durch Deutschland. Es wurde von der Landeskammer nicht genehmigt.
Dagegen scheiterte eine Sondersteuer auf hohe Unternehmensgewinne infolge des Ukrainekriegs im Bundesrat. Mehrere Länder hatten darum gebeten. Der Antrag von Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zur Einführung einer Gewinnsteuer fand jedoch keine Mehrheit im Landtag.
Der Bundesrat stimmt der Abschaffung des 219. und der Reform des BAföG zu
Vera Wolfskkampf, ARD Berlin, 8. Juli 2022 um 15:34 Uhr