Veröffentlicht am 27. Juli 2022, 18:21 Uhr
Konzertabsage: „Sie haben auch einen angeblichen Kulturaneigner an Ihrer Hauswand“
Die Betreiber der Brasserie Lorraine werden derzeit heftig kritisiert, weil sie ein Konzert abgesagt haben. Auch das Wandbild im Kulturraum der Stadt Bern wirft Fragen auf.
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Dieses Wandbild ziert die Fassade der Brasserie Lorraine in Bern.
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Mehrere Figuren sind zu sehen, eine davon ist weiß und hat Dreadlocks.
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Ein Konzert in der Berner Kulturbar wurde am 18. Juli abgesagt, weil sich einige Gäste “unwohl” fühlten, so die Veranstalter.
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Die Brasserie Lorraine hat ein Konzert abgesagt, weil einige Gäste von einer weißen Band gestört wurden, die Reggae spielte und Dreadlocks trug.
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In den sozialen Netzwerken gibt es deshalb viel Kritik an den Veranstaltern.
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Kritisiert wird auch, dass das Wandbild des Restaurants eine weiße Figur mit Dreadlocks zeigt.
Ein Konzert in der Brasserie Lorraine wurde am 18. Juli abgesagt, weil sich einige Gäste laut Veranstalter “unwohl” fühlten. Der Grund: Die Berner Dialektband Lauwarm spielt Reggae und einige der Bandmitglieder tragen Dreadlocks. Manche kritisieren dies als „kulturelle Aneignung“. In den sozialen Netzwerken mussten die Organisatoren für ihr Vorgehen viel Kritik einstecken.
Auch das Wandbild an der Fassade der Kulturstätte ist mehrfach Gegenstand von Diskussionen. Mehrere Figuren sind zu sehen, eine davon ist weiß und hat Dreadlocks. Ein User spottet: „Haben Sie den Maler schon beauftragt? Sie haben auch einen angeblichen Kulturaneigner an der Wand Ihres Hauses. Das Dümmste ist möglich…“ Ein anderer kommentierte: „Der Gag ist dein Graffiti an der Hauswand. Tragen die Leute dort nicht auch Rasa? Ihre Aussage ist heuchlerisch. Also haben nur Leute mit der richtigen Hautfarbe Zugriff auf die Frisur?” Abschließend sagt ein User: “Bitte passen Sie Ihre Fassade an, dann passt sie sich wieder Ihrer Einstellung an.”
Die Brasserie Lorraine antwortete am Mittwochnachmittag nicht auf eine 20-minütige schriftliche Anfrage.
Der Bandleader äußert Unverständnis
Für das abgesagte Konzert gab es auch Kritik aus der Politik. Die Betreiber der Brasserie hätten sich von wenigen einschüchtern lassen, sagte die zentrale Nationalrätin und Präsidentin der Aargauischen CVP, Marianne Binder: «Die Organisatoren hätten die supererwachte Minderheit nicht küssen dürfen.» Auch Dominik Plumettaz, Frontmann von Lauwarms Band, reagierte mit Unverständnis: “Die Kritiker hätten gehen können.”
Aber es gibt auch andere Ansichten. Eine Frau schrieb auf Twitter: „Ich finde es schade, dass sich die Leute anscheinend nicht mit dem Begriff der kulturellen Aneignung auseinandersetzen wollen und ihn als superaufgeweckt abtun. Er hat viele Facetten.“ Lauwarm-Bandmitglied Phil, der Dreadlocks trägt, versteht die Kritik teilweise. Die Wurzeln von Musik und Kultur sind nicht zu leugnen. „Aber wir sind frei in unserem kreativen Ausdruck und die Leute können das genauso frei beurteilen.“
Das Erwachen und die Kritik kultureller Aneignung
Woke bedeutet „wach“, wird aber auch verwendet, um das Bewusstsein für Ausgrenzung, Diskriminierung und systembedingte Benachteiligung zu schärfen.
Ein wiederkehrendes Thema in Wokeness ist die Kritik kultureller Aneignung. Etwa im März, als die deutsche Sängerin Ronja Maltzahn bei einer Fridays-for-Future-Demo auftreten sollte, aber wegen Dreadlocks kurzfristig gefeuert wurde. Vor den Demonstrationen von Klimaschutzorganisationen schreiben die Organisatoren: „Wir bitten Weiße, keine Dreadlocks zu tragen oder zu bedecken.“
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