Yookassa: „Absolutes Verbot“: H&M wickelt Zahlungen über Russland ab Ohne gegen Russlands Sanktionen zu verstoßen

Aktualisiert am 6. Juli 2022, 14:17 Uhr

Ein Leser wollte Kleidung bei H&M bestellen und stellte fest, dass das Unternehmen sein Geld durch Russland leiten wollte. Das sei sehr irritierend und moralisch fragwürdig, sagen zwei Experten.

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H&M arbeitet mit dem russischen Zahlungsdienstleister Yookassa zusammen, der zur Sberbank gehört.

20min / Marco Zangger

Yookassa.ru ist einer der größten Online-Zahlungsabwickler in Russland. Das Unternehmen steht auf der US-Sanktionsliste. In der Schweiz ist die Verwendung von Yookassa jedoch weiterhin erlaubt.

REUTERS / Leonhard Föger

Dass H&M bei Zahlungen auf einen russischen Partner setzt, ist in der aktuellen Situation ein absolutes Verbot, sagt ein 20-Minuten-Leser, dem die Kooperation mit Yookassa aufgefallen ist.

20min / Celia Nogler

„Ich wollte etwas im Webshop von H&M bestellen, als mir beim Bezahlen aufgefallen ist, dass es sich um einen russischen Zahlungsdienstleister handelt“, wandte sich Leser X.* an den Verlag. Daraufhin hat er den Kauf storniert. Denn H&M kooperiert bei der Zahlungsabwicklung mit Yookassa aus Russland.

«Die Abwicklung von Zahlungen aus der Schweiz über Russland ist generell fragwürdig», sagt der Leser im Gespräch mit Verlagen. “Aber in der aktuellen Situation ist das absolut verboten!”

Russischer Code bei H&M

Computerexperte Marc Ruef, Mitinhaber der Computersicherheitsfirma Scip, bestätigt diese Angaben: Ein Skript auf der H&M-Website rufe den Zahlungsdienstleister Yookassa.ru auf, sagt Ruef. Yookassa ist einer der größten Online-Zahlungsanbieter in Russland. Das Unternehmen gehört der russischen Sberbank.

Laut Ruef ruft die Website den in der Programmiersprache JavaScript geschriebenen Code erst dann auf, wenn man im Warenkorb auf „Bezahlen“ klickt und den Kauf startet. Die Datenübermittlung erfolgt über St. Petersburg. „Es sieht nicht so aus, als könnte man den Kauf ohne diesen Zugang abschließen“, sagt der Computerexperte.

Moralisch fragwürdig

Es gibt viele Anbieter wie Yookassa. Die Firma Stripe ist weltweit bekannt, in der Schweiz gibt es beispielsweise Datatrans. Sie unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf Zahlungsmöglichkeiten und Preise. Laut Ruef ist ihm nicht klar, warum sich H&M ausgerechnet für Yookassa entschieden hat.

„Die Einbindung externer Skripte kollidiert immer mit dem Bedürfnis nach Privatsphäre“, warnt Ruef. Idealerweise würden keine oder so wenig wie möglich Daten übertragen. Auch wenn H&M gegen keine Sanktionen verstoßen habe (siehe Grafik), stelle sich die Frage, ob die Wahl von Yookassa als Partner moralisch gerechtfertigt sei, sagt Ruef.

Weiß Putin also, was Schweizer Kunden bei H&M kaufen? „Wenn Putin es wissen will, wird er es herausfinden“, sagt Ruef. Wahrscheinlich hätten russische Geheimdienste Zugriff auf diese Daten.

Russland könnte nun sogar Zahlungen an H&M blockieren. Das Unternehmen müsste dann zu einem anderen Zahlungsdienstleister wechseln. Das sei „technisch nicht so einfach“ und würde wohl „mindestens eine Woche dauern“, sagt Ruef.

“Es ist ziemlich peinlich”

Ein russischer Zahlungsdienstleister verdient mit Transaktionsgebühren Geld, wenn Schweizer bei H&M einkaufen. Das sei sehr irritierend, sagt Oliver Classen von der Organisation Public Eye, die sich für eine faire Globalisierung einsetzt.

Nach Ausbruch des Ukrainekrieges machte H&M erstmals auf sich aufmerksam, weil das Unternehmen seine Filialen im Land schnell schloss. Umso seltsamer ist es daher zu wissen, dass der Schweizer Webshop von H&M mit einem russischen Finanzdienstleister verbunden ist.

Er wirft H&M keine bösen Absichten vor. Nun muss das Unternehmen erklären, warum es diese Wahl getroffen hat. Denn die Kunden hätten etwas anderes erwartet. „Es ist ziemlich peinlich“, sagt Classen.

Die Redaktion hat H&M mehrfach um eine Stellungnahme gebeten. Auf unsere Anfragen reagierte das Unternehmen nicht.

* Den Verlegern bekannter Name.

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