Martin Schmidt und Christian Kolbe
Die Zinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist ein Knaller: Der Leitzins steigt von minus 0,75 auf minus 0,25 Prozent. Was auf den ersten Blick wie eine kleine Zahl erscheint, hat einen erheblichen Einfluss auf fast alle Lebensbereiche der Schweizer Bevölkerung. Blick gibt einen Überblick über die wichtigsten Folgen steigender Zinsen.
Was bedeutet die Entscheidung für das eigene Portfolio?
Am Schweizer Portfolio ändert sich derzeit nichts. Aufgrund der Inflation steigen die Preise beim Kauf. Dem soll mit der Verabschiedung des Zinssatzes entgegengewirkt werden, was aber nicht über Nacht geschehen wird. Bisher haben die Schweizer die höchsten Preise akzeptiert. Es hilft auch, dass viele Menschen während der Corona-Pandemie viel mehr Geld beiseite legen könnten. Sobald der Inflationskampf der Nationalbank Früchte trägt, wird er sich auch positiv auf die Kaufkraft auswirken.
Sind Sommerferien im Ausland billiger?
Ja. Da der Entscheid der SNB die Märkte schockierte, wertete der Franken gegenüber Fremdwährungen erneut auf. Gegenüber dem Euro hat der Franken seit Sommer 2019 rund 8,5 % an Wert gewonnen. Im gleichen Zeitraum sind die Preise für einen Restaurantbesuch in Frankreich oder Italien deutlich weniger gestiegen.
Explodieren jetzt die Pläne der Hauskäufer?
Nein, das muss nicht sein. Wer jetzt ein Haus baut, sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass der Bau an sich teurer wird und die Finanzierung auch. Die Zeiten der sehr niedrigen Zinsen sind endgültig vorbei. „Es hat auch mehr Spaß gemacht, ein Haus zu bauen oder zu kaufen“, sagt Donato Scognamiglio, 52, Leiter der Immobilienberatung IAZI.
Kommen günstigere Häuser auf den Markt?
nein Da man von billig nicht reden kann, sind die wenigen Häuser oder Eigentumswohnungen, die auf dem Markt sind, einfach nicht mehr so teuer. Das Angebot ist immer noch viel geringer als die Nachfrage, was einen Preisverfall verhindert.
Gehen die Raten für Privatkredite jetzt durch die Decke?
nein Comparis-Analyst Michael Kuhn (43) rechnet aber mit versteckten Steigerungen. „Zukünftig werden sicherlich mehr Kunden höhere Zinsen zahlen müssen.“ Steigen die Kreditkriterien, dürften manche Menschen keine Kredite mehr erhalten. „Oder zu extrem hohen Zinsen von neun Prozent und mehr“, sagt Kuhn. Auf diese Weise werden Banken vor dem höchsten Risiko geschützt.
Sind zinslose Zahlungen für Fernseher oder Autos vorbei?
Der Ratenkauf eines Gerätes oder Möbels liegt im Trend, auch dank zinsloser Zahlung. „Das Interesse an Angeboten ist mittlerweile sehr groß“, sagt Comparis-Analyst Michael Kuhn. Für den Rest der zinslosen Gebote erwartet Kuhn, dass die Lieferanten die Basispreise erhöhen, damit sie weiterhin Nullzinsen erzielen können. „Singles Day, Black Friday und Cyber Monday werden teilweise bereits umgesetzt.“
Zeigt das Sparkonto bald endlich mehr Zinsen?
Ja, Kleinsparer können mit Zinserhöhungen rechnen. Banken verfolgen jedoch sehr unterschiedliche Zinsstrategien. «Wer möglichst viel neues Sparguthaben anziehen will, reagiert wahrscheinlich schneller mit höheren Zinsen», sagt Markus Lackner (43), Experte beim VZ Vermögenszentrum. Aber auch jetzt werden die Sparkonten kaum Zinsen abwerfen und das Geld auf dem Konto wird weiter an Wert verlieren. Bundesexperten erwarten für das laufende Jahr eine Inflation von 2,5 %, was deutlich über den Bankzinsen liegt.
Bedeutet dies das Ende der Negativzinsen auf Luxussparbüchern?
Für Banken ist es nun deutlich schwieriger, Negativzinsen gegenüber ihren Kunden zu rechtfertigen. «Schon aus Imagegründen werden die Negativzinsen aus den publikumsnahen Banken verschwinden», sagt Comparis-Analyst Michael Kuhn. Er ist überzeugt, dass geldfressende Zinsen schnell zur Ausnahme werden. Am Donnerstag gaben Berner Kantonalbank, Zürcher Kantonalbank, UBS und Postfinance bekannt, die Negativzinsen für Guthabenkunden anzupassen. Auch Raiffeisen Schweiz hat den Regionalbanken eine Reduktion empfohlen.
Was bedeutet die Zinsänderung für Anleger?
Viele Aktien haben seit Jahresbeginn bereits deutlich an Wert verloren. Hohe Inflationsraten weltweit und große Unsicherheit an den Märkten haben zu massiven Korrekturen geführt. „Der Aktienmarkt hat in der aktuellen Entwicklung bereits zu einem großen Teil stark gehandelt“, sagt VZ-Experte Markus Lackner. Dies gilt auch für Anleihen. “Die Zinsen für zehnjährige Schweizer Staatsanleihen waren bereits vor der Entscheidung von -0,1 % auf + 1,3 % gestiegen.” Eine erneute Reaktion war jedoch unvermeidlich: Die Zinsen für zehnjährige Anleihen sind auf über 1,5 Prozent gestiegen.