Hausbesitzer an der Grenze müssen deutsche Gaspreiserhöhungen hinnehmen

Tobias Ochsenbein, Matthias Kempf, Celine Trachsel und Sermin Faki

Die Gaspreise in Deutschland explodieren und auch Schweizer Regionen sind betroffen. Stein am Rhein SH beispielsweise wird seit Jahren von den Stadtwerken Konstanz mit Gas versorgt. Auch einige Gemeinden im Thurgau Untersee gehören diesem Verbund an und beziehen ihr Gas aus Deutschland, von B wie Berlingen bis W wie Wagenhausen.

Dies war bisher kein Problem. Aber jetzt erhöhen die Deutschen den Benzinpreis zwei- oder dreimal! Den betroffenen Schweizer Konsumenten drohen Mehrkosten von mehreren tausend Franken. Und das für einen Winter!

Der Aktienkurs stieg um 700 Prozent

Jakob Fehr (67) erhielt vor wenigen Tagen per Brief die schockierende Nachricht: Er muss ab dem 1. Oktober doppelt so viel für Benzin zahlen. «Es ist steil», sagt er zu Blick. „Als Eigentümer erwarten Sie schwankende Nebenkosten, aber nicht in diesem Ausmaß!“

Deutscher Gasversorger zuckt mit den Schultern: Laut einem Sprecher der Stadtwerke Konstanz ist der Marktpreis für eine Megawattstunde (MWh) Erdgas in zwölf Monaten um mehr als 700 Prozent gestiegen.

“Es wird das Schlafzimmer nicht mehr heizen”

Am Bodensee droht im Winter ein leerer Geldbeutel oder eine kalte Stube. Für dicke Decken und warme Kleidung sorgen Jakob Fehr und seine Frau. „Schlaf- und Nebenräume werden wir wohl nicht mehr heizen“, sagt er.

Fehr holt auch Angebote für den Einbau eines Holzofens ein, um die Heizzeit zu verkürzen. „Wenn wir erst im Oktober mit Gas heizen müssen und im März wieder aufhören können, sparen wir bares Geld.“

Leere Brieftasche oder Kühlraum

Auch Primarlehrer Anton Serebrjanskiy (29) muss ab Oktober monatlich 100 Franken mehr bezahlen, um sein 70-Quadratmeter-Haus zu heizen. „Das ist eine Steigerung von 100 Prozent“, rechnet er vor. „Sollten die Heizkosten noch weiter steigen, muss ich es mir noch einmal überlegen.“ Vielleicht möchte er auch öfter seinen Holzofen benutzen.

Eine Umfrage zeigt, dass es vielen Eigentümern in Stein am Rhein wie dem Professor und dem Ehepaar Fehr geht. Die einen nehmen es locker und kalkulieren mehr Geld, die anderen sagen, sie heizen das Haus einfach auf eine niedrigere Temperatur und tragen häufiger Pullover.

Wir werden sehen

Ist Stein am Rhein nur Vorreiter? Drohen uns allen in den kommenden Monaten riesige Gasrechnungen? Diese Frage beschäftigt nicht nur Hausbesitzer mit Gasheizung, sondern auch Politiker und Energiekonzerne.

Aber das kann im Moment niemand beantworten. «Am 1. August wird es keine Preiserhöhung geben», sagt etwa der Berner Energieversorger EWB. Zuletzt erhöhte sie im Juni die Gaspreise um 1,64 Cent pro Kilowattstunde.

“Derzeit stabile Kosten”

Das Luzerner Pendant EWL sagt sogar, dass dank einer zukünftigen Beschaffungsstrategie, die den Gasbedarf für 2022 bereits abgesichert hat, «die Energiekosten ihrer Kunden derzeit stabil sind».

Aber niemand traut sich, weiter in die Zukunft zu blicken. Vor allem das Wetter wird den Gaspreis bestimmen: Wenn die Heizsaison früh beginnt und der Winter kalt wird, dürften deutliche Preissteigerungen unvermeidlich sein.

Warum zahlt Deutschland so viel mehr?

Bleibt die Frage, wie es möglich ist, dass deutsche Gasversorger die Preise bereits kräftig anheben, während in der Schweiz alles noch wartet? Auch hier möchte keiner der Bewerber in den Filialen abgehängt werden. Der Verband der Gasversorger stellt fest, dass Deutschland fast ausschließlich auf russisches Gas setzt, während die Schweiz Gas von verschiedenen europäischen Handelsplätzen in Deutschland, Frankreich, Holland und Italien bezieht.

Und in EWL sagt er: „Wenn bestimmte Gasversorger in Deutschland andere Beschaffungsstrategien verfolgen und kurzfristig Gas einkaufen, kann sich das erheblich auf den Preis auswirken.“ Sermin Faki

Ist Stein am Rhein nur Vorreiter? Drohen uns allen in den kommenden Monaten riesige Gasrechnungen? Diese Frage beschäftigt nicht nur Hausbesitzer mit Gasheizung, sondern auch Politiker und Energiekonzerne.

Aber das kann im Moment niemand beantworten. «Am 1. August wird es keine Preiserhöhung geben», sagt etwa der Berner Energieversorger EWB. Zuletzt erhöhte sie im Juni die Gaspreise um 1,64 Cent pro Kilowattstunde.

“Derzeit stabile Kosten”

Das Luzerner Pendant EWL sagt sogar, dass dank einer zukünftigen Beschaffungsstrategie, die den Gasbedarf für 2022 bereits abgesichert hat, «die Energiekosten ihrer Kunden derzeit stabil sind».

Aber niemand traut sich, weiter in die Zukunft zu blicken. Vor allem das Wetter wird den Gaspreis bestimmen: Wenn die Heizsaison früh beginnt und der Winter kalt wird, dürften deutliche Preissteigerungen unvermeidlich sein.

Warum zahlt Deutschland so viel mehr?

Bleibt die Frage, wie es möglich ist, dass deutsche Gasversorger die Preise bereits kräftig anheben, während in der Schweiz alles noch wartet? Auch hier möchte keiner der Bewerber in den Filialen abgehängt werden. Der Verband der Gasversorger stellt fest, dass Deutschland fast ausschließlich auf russisches Gas setzt, während die Schweiz Gas von verschiedenen europäischen Handelsplätzen in Deutschland, Frankreich, Holland und Italien bezieht.

Und in EWL sagt er: „Wenn bestimmte Gasversorger in Deutschland andere Beschaffungsstrategien verfolgen und kurzfristig Gas einkaufen, kann sich das erheblich auf den Preis auswirken.“ Sermin Faki

Der örtliche Versorger liefert kein Gas

Sie haben keine andere Wahl, als etwas anderes zu tun. Ein Nachbar von Jakob Fehr im selben Quartier fragte beim Energieversorger SH Power der Stadt Schaffhausen an, ob er das Gas dort beziehen könne. Die Antwort war besorgniserregend: „Da gibt es nichts zu tun, es gibt Verträge und Lizenzen mit den Konstanzer Stadtwerken. Ein Wechsel ist für uns nicht möglich.”

Erfahren Sie mehr über die drohende Energiekrise

Corinne Ullmann, Bürgermeisterin von Stein am Rhein, bestätigt, dass sie bereits mehrere Anfragen zu Gasalternativen erhalten habe. Doch die Gaswerke Konstanz sind derzeit der einzige Energieversorger der Gaswirtschaft in der Stadt.

Grund dafür ist, dass der Gasmarkt in der Schweiz nicht liberalisiert ist, wie SH-Power-Sprecher Marco Nart gegenüber Blick bestätigt: «Im Grunde können heute nur Grossabnehmer den Lieferanten wechseln, dafür gibt es eine Vereinbarung der Branche.» Um dies auch kleineren Endkunden zu ermöglichen, bedarf es zunächst eines Gasversorgungsgesetzes. “Aber das ist noch nicht in Kraft.”

„Der Markt ist liberalisiert“

Tatsächlich liegt das Gesetz seit zwei Jahren im Büro von Energieministerin Simonetta Sommaruga (62) in Bern. Doch Preiswächter Stefan Meierhans (53) sagt, als ihm Blick von der unlösbaren Situation in Schaffhausen und im Thurgau erzählt: «Es gibt noch offene Fragen, aber die lassen sich auch ohne Gasgesetz lösen. Denn: Der Gasmarkt ist grundsätzlich liberalisiert.“ Das bedeutet, dass alle Gaskunden in der Lage sein sollten, Erdgas von einem anderen Anbieter zu beziehen.

Das bestätigt Carole Söhner, stellvertretende Direktorin der Wettbewerbskommission (Weko). „Der Gasmarkt ist seit 1963 liberalisiert“, sagt er. Allerdings hat die Gaswirtschaft einen Partnerschaftsvertrag abgeschlossen, der die Freiheiten erneut einschränkt, etwa dass Verbraucher erst ab einer bestimmten Größe ihren Lieferanten frei wählen können. „Aber diese Vereinbarung ist kartellrechtlich nicht bindend“, sagt Söhner.

Betroffene können nur einen Anspruch geltend machen

2020 hat die WEKO zwei Zentralschweizer Energieunternehmen mit Bussen von 2,6 Millionen Franken belegt, weil sie sich auf die Branchenvereinbarung berufen und einen kleineren Kunden ausgeschlossen haben. Und wie Söhner sagt, das könnte wieder passieren. Weko sagte der Branche 2013: „Wenn wir Ankündigungen erhalten, müssen wir möglicherweise Verfahren einleiten.“

Betroffene Gaskunden in Schaffhausen und im Thurgau sollten deshalb gegen die Lieferverweigerung von SH Power klagen. Der Ausgang des Rechtsstreits ist ungewiss. Und es wird sowieso erst im Winter entschieden.

Auch Marco Nart von SH Power weist darauf hin, dass sich eine Änderung des Timings ohnehin nicht lohnen würde. “Denn der neue Lieferant muss zu aktuellen Marktpreisen zusätzliches Gas zukaufen.” Gas wäre auch viel teurer. Aber das ist ein schwacher Trost für Jakob Fehr und Anton Serebrjanskiy.

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